Gewaltfrei reizen – geht das überhaupt?
Beim Turnier sitzt man nicht lange, bis es knirscht. Eine kleine Unsicherheit im Reizen, ein überhörter Stop, ein gewagter Alleingang beim Kontrakt – und schon fliegen (oft auch nonverbal) die Fetzen.
Und dann hört man’s murmeln, seufzen, schnaufen und bisweilen fauchen.
Da fällt dann ein genervtes „Was soll das denn heißen?“ oder – besonders beliebt – ein frustriertes „Du spielst gleich allein!“ (Natürlich geflüstert. Wir sind ja unter Leuten.)
Wenn der Partner anders denkt, als man selbst hofft
Das Problem ist altbekannt: Man spielt ein vereinbartes Reizsystem – sagen wir mal Forum D. Dazu 15–17 SA, Stayman, Transfers – alles ganz klar. Und dann macht der Partner etwas völlig Unerwartetes. Da hilft auch kein Zählen der Punkte mehr – man zählt höchstens noch bis zehn, um sich zu beherrschen.
Doch was tun, wenn einem der Kragen platzen will, man aber die Tischdecke nicht abräumen möchte?
Vier kleine Brücken zur inneren Gelassenheit
Nicht alles persönlich nehmen.
Vielleicht hat der Partner dein 2♦ wirklich als Weak Two aufgefasst – obwohl ihr das nie spielt. Irrtum statt Absicht. Das kommt vor. Auch wenn man schon Jahre zusammenspielt.
Erst nachdenken, dann maulen.
Ein tiefer Atemzug hilft oft mehr als ein tiefer Seufzer. Und wenn du trotzdem etwas sagen willst: Spar’s dir für nach dem Spiel. Laut maulen verstößt übrigens nicht nur gegen die Etikette, sondern versaut auch die Stimmung am Tisch.
Verständnis zeigen, selbst wenn’s schwerfällt.
Vielleicht war der Reizfehler ein Versehen. Vielleicht war dein Partner einfach unsicher oder dachte, du hättest was anderes gemeint. Erinnere dich: Auch du bist nicht unfehlbar (sagt man).
Nach dem Board freundlich rückfragen.
Statt: „Was war das denn?!“ Lieber: „Hilfst du mir eben – ich hab deine Reizung nicht verstanden.“ Meistens stellt sich raus: Der andere auch nicht.
Fazit: Klarheit vor Konfrontation
Bridge ist ein komplexes Spiel mit einem schlichten Ziel: gemeinsam besser spielen. Das gelingt leichter, wenn man miteinander spricht – und zwar nicht in Form von Vorwürfen, sondern mit dem Wunsch, sich wirklich zu verstehen.
Ein bisschen mehr Nachsicht und ein bisschen weniger Naserümpfen am Tisch – das wäre doch reizend, oder?
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